Ausstellungsberichte
Auferstehungskirche Stuttgart-Rot 04/2000
Pressebericht (Stuttgarter Zeitung, Autor: Susanne Müller-Baji) vom 04.08.00
Meditationsbilder: Von der Spiritualität der Farben
Zwei Stücke erodiertes Kupferblech aus dem zweiten Weltkrieg ausgebrannten Dresdner Zwinger. Dazwischen bahnen sich leuchtende Farben ihren Weg, während aus dem Verfall neues Leben entsteht. Die Arbeiten
der Stuttgarter Malerin Ulrike E. Hoenig befassen sich immer mit Spiritualität und dem menschlichen Wesen.
Ulrike E. Hoenigs Gemälde haben viel mit dem Glauben zu tun, jedoch wenig mit einer bestimmten Religion: Sie befasst sich in ihren
Arbeiten mit den großen Themen der Menschheit, wie Einsamkeit, Trauer aber auch Verführung oder Freude.
"Meine Bilder sollen Antworten geben", sagt sie über ihr Werk. "Man muss sich Zeit lassen mit ihnen; in deiner Bank beispielsweeise würden sie nicht wirken."
Sie stellt deshalb ihre Arbeiten bevorzugt in Kirchen aus oder in den Warteräumen von Ärzten. Dort eben, wo der Mensch auf sich selbst zurückgeworfen
ist.
Ihre Gemälde seien Meditationsbilder, sagt die ausgebildete Kunsterzieherin. Sie verlangten nach einer Auseinandersetzung, welche die Laufkundschaft für die
Ausstelungsbesucher in einer Bankfiliale in der Regel keine Zeit aufbringen könnten. Ihre Stuttgarter Haus hat sie in private
Ausstellungsräume umgestaltet, in eine Villa Kunderbunt mit Ölgemälden, Acryl-Wandmalereien und Glasbildern. Während ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Farbe hat sie sich sogar einen
eigenen Farbkanon erarbeitet, ganz in der Art der mittelalterlichen Tafelmaler. Diese stellten die Bildgegenstände nicht zwingend in ihrer natürlichen
Farbigkeit dar, sondern ordneten ihnen aufgrund ihrer Bedeutung farben zu: Purpur galt als Königsfarbe, der Goldgrund mancher Tafeln
stand für den Heiligen Geist.
Auch in Ulrike Hoenigs Gemälden geben die Farben den Formen eine zusätzliche Bedeutung - rot etwa steht für Hinwendung und Zuneigung, aber auch für Gewalt
und Gefahr, braun symbolisiert Bodenständigkeit und Neutralisierung. Allerdings, so wirft die Künstlerin ein, verwende sie die Farben letztendlich unbewußt. "Es
wird erst später klar, dass sie aus einem bestimmten Grund verwendet wurden". Am Anfang stehe bei ihr vielmehr eine Bildidee, entsanden "durch Sinnieren,
durch das Zwiegespräch mit einer höheren Macht". Dann geht sie in ihren Atelierraum an die Arbeit. Stören darf die Malerin dabei niemand.
"Wenn die Tür zu meinem Arbeitszimmer zu ist, dann darf da keiner rein".
Manchmal arbeitet sie sogar im wahrsten Sinne des Wortes "bis zum
Umfallen" und übernachtet dann in dem im Atelier bereitstehenden bett. "Mein Atelier ist mein Rückzugsgebiet", bringt sie es auf den Punkt.
Je größer das Format, desto besser. Ulrike Hoenig malt ihre freien Farbformen am liebsten stehend. Um die am Boden liegende Leinwand bequem
erreichen zu können, verlängert sie dazu die Pinselstiele. "Das Schlimmste wäre, wenn nicht genug Leinwände im Haus wären, oder die Farben ausgingen."
Einmal fand Ulrike E. Hoenig einen Malgrund von geeigneter Größe sogar in der Außenwand ihres Wohnhauses. "Leider musste aber die Isolierung an die
Wand. Darunter ist die Malerei aber noch vorhanden: Vielleicht gräbt sie ja in hundert Jahren mal einer aus."